Mittwoch, 22. Februar 2012

Chapter Two - Orgasmn, Girl Talk und Running Late



~Bella Swan~


Das weiche Morgenlicht strömte durch mein kleines Schlafzimmerfenster und gab dem Raum einen warmen Schimmer. Ich stöhnte, während ich mich herum rollte, um auf den Wecker zu schauen, der neben meinem Bett stand - 6:34 Uhr.

Mein schlafinduzierter Nebel begann sich langsam zu lösen und ich merkte, dass nicht das Licht mich aufgeweckt hatte. Vielmehr hörte ich ein rhythmisch schlagendes Geräusch, das von der gegenüberliegenden Wand kam.

Ich seufzte und schmiss mir mein Kissen über den Kopf.

Das dumpfe Dröhnen wurde lauter und ich konnte jetzt recht deutlich Roses mechanisches, monotones Stöhnen hören.

"Mmmm, Royce ... ja. Genau da ..... Ich werde ...Ahh! ", schrie sie.

Ich verdrehte meine Augen, weil ich die Wahrheit kannte - der alte Royce hatte Rose bis jetzt nicht einen einzigen Orgasmus geschenkt. Sie täuschte vor zu kommen, damit die Tortur ein schnelles Ende nahm. Warum sie sich dem aussetzte, war mir unbegreiflich. Auch, wenn er der Quarterback des Footballteams war, na und? Aber das war Rose. Das Ansehen eines Kerls und vor allem das Aussehen, waren immer schon wichtiger, als die Fähigkeit durch guten Sex ihre Zehen zum kringeln zu bringen. Ich konnte nur hoffen, dass sie eines Tages ihren Triple Threat (AN: schönes Gesicht, Körper und Persönlichkeit) finden würde – eben das komplette Paket. Rose verdiente es glücklich zu sein.

Als ich nach Forks zu Charlie gezogen war, um mein drittes High School Jahr zu beenden, hatte ich beschlossen, das es nicht notwendig war, sich mit jemanden anzufreunden.
Ich schmollte und war stur, aber meine ewig junge Mutter Renee hatte mich weggeschickt, nachdem sie einen halb so alten Mann wie sie selbst geheiratet hatte.

An meinem ersten Tag in der Schule trieb mich Mike Arschloch Newton auf dem Flur in die Ecke und beschloss mit dem neuen Mädchen - nämlich mir - das `Fummelspiel´ zu spielen. Rose ging zufällig den Flur entlang und sah, wie er mich gegen die Schließfächer pinnte und mich mit seinen überaus großen, groben Händen belästigte. Sie schaffte es mich in Sicherheit zu bringen, indem sie zu uns kam, ihm auf die Schulter tippte und ihm prompt mit dem Knie in seine Eier trat, als er sich überrascht umdrehte. Das Endergebnis war, dass Rose drei Tage nachsitzen musste und ich meine ´keine Freunde´ Regel brach.

Das Verwirrende an der Rose/Royce Situation war, dass es nicht Roses Art war sich festzulegen. Sie konnte wie Alice jeden Mann haben, den sie wollte. Sie war groß und kurvig an den richtigen Stellen, mit langem, welligen, blonden Haar; weichen, vollen Lippen und elektrisierenden blauen Augen. Im Gegensatz zu Alice war Rose allerdings ein kleines Miststück. Es brauchte eine Menge, um an all den Mauern vorbei zu kommen, aber wenn man es einmal geschafft hatte, dann hatte man eine loyale Freundin fürs Leben.

Der Klang von Royce, dem Nie-ein-Orgasmus-Wunder, holte mich aus meinen Gedanken und ich entschied mich dazu, dass es sicherer war aufzustehen und eine Kanne Kaffee aufzusetzen. Kein Zweifel, Rose würde nach dieser Enttäuschung einen guten Schuss Koffein brauchen. Ich rollte mich aus dem Bett und schlurfte in die Küche.

Rose kam aus ihrem Zimmer, nachdem sie den Geruch von frisch gebrühten Kaffee gerochen hatte, der durch die Wohnung strömte. Selbst völlig zerzaust, sah sie toll aus. Ich seufzte innerlich. Warum musste ich mich nur mit schönen Menschen umgeben?

"Morgen.“, gähnte Rose.

Ich grinste sie an und schenkte ihr eine Tasse starken Kaffee ein.

"Morgen, Rose.“, antwortete ich, immer noch grinsend.

Sie starrte mich an, als ich ihre Tasse vor ihr auf den Tisch stellte.

"Hör auf mich anzugrinsen, Bella." Sie blickte finster drein. "Wenigstens bin ich flachgelegt worden. Wann hat deine Möse das letzte Mal das Licht der Welt erblickt? Hmmm .... ewig her. Also sieh mich nicht so an."

Eine unzufriedene Rose war eine zickige Rose. Wenn sie bei Royce blieb, würde sie eines Tages ausrasten und anfangen Leute zu erschießen.

Ich sah sie an und verdrehte meine Augen. Ich wusste, sie war nun mal so, wenn sie sauer war, weil sie keine Erfüllung gefunden hatte.

"Wie viel orgasmuslosen Sex kann eine Person ertragen?", neckte ich. "Rose, warum schießt du ihn nicht ab, er ist sowieso ein Arschloch." Ich sah sie kopfschüttelnd an.

Ich wusste, was kommen würde, denn wir hatten dieses Gespräch schon öfter.

"Ich schwöre Bella, du raubst mir noch meinen letzten beschissenen Nerv, aber, wenn ich es dir noch einmal erklären muss, dann werde ich das tun. Er ist reich, schön und der Quarterback des Football-Teams. Ende der Geschichte!“, spie sie aus.

Ich hob eine Augenbraue und schwieg. Mit ihr zu streiten, wenn sie so war, würde nichts bringen - wir würden damit enden einander anzukreischen wie Banshees. (AN: Todesfee)

Nach einer langen Pause seufzte sie, senkte den Kopf und starrte in ihre Kaffeetasse.

"Es tut mir leid, Bella.", sagte sie leise. "Ich hätte es nicht an dir auslassen sollen. Es ist nicht deine Schuld, dass Royce die sexuelle Leistungsfähigkeit eines Teelöffels hat."

"Ist okay, Rose." Ich zuckte die Schultern und lächelte, ließ sie wissen, dass ich verstand, dass sie nur launenhaft war. Wer würde das nicht sein, Herrgott nochmal? Aber ich würde mich nicht entschuldigen, schließlich war sie an der ganzen Misere selber schuld.

Wir saßen eine ganze Weile da und tranken stillschweigend unseren Kaffee.

Ich begann über Edward Cullen nachzudenken und wie ich ihn wiedersehen konnte. Ich war mir sicher, dass Alice mich nicht bereitwillig wieder mit nach Hause nehmen würde. Keine Bettelei würde sie aus ihrer Höhle locken. Das hatte sie mir gestern Abend klar gemacht, als sie mich nach der Arbeitsgruppe nach Hause brachte.

"Sie ist mir schon eine beste Freundin." Ich seufzte bei dem Gedanken.

Vielleicht könnte ich ihn in der Schule finden? Andererseits hatte ich ihn dort noch nie gesehen. Daran hätte ich mich erinnert, das war schon mal klar. Er war aber Medizinstudent und sein Unterricht fand in einem komplett anderen Gebäude als in meinem statt. Es gab da dieses große, raffiniert aussehende Gebäude.- Wie war doch der Name?- Das Remsen Building, in der Dewney Field Road. Ich war mir sicher, dass das richtig war. Ich könnte dorthin gehen, einfach herumlaufen und ihn vielleicht zufällig treffen.

"Ich glaube, ich bin einen Schritt vom Stalker-Zustand entfernt. Erbärmlich."

Ich warf einen finsteren Blick in meine Tasse, schnaubte frustriert und alarmierte Rose mit meiner inneren Unruhe.

"Was ist los mit dir, Bella? Du siehst aus, als ob dir jemand Löcher in deine Nippel gestanzt hat." Das Miststück lachte.

"Ha, ha, Rose." Ich verdrehte die Augen.

"Ernsthaft, was ist los?“, fragte sie und wölbte eine bestens gezupfte Augenbraue.

Vielleicht sollte ich mit der Sprache rausrücken? Rose könnte mir helfen und ich wusste, sie würde meine Geheimnisse mit ins Grab nehmen. Sie hatte schließlich immer noch keiner Seele von dem gefürchteten Vibrator-Vorfall erzählt. Ich sperrte mich gegen diese Erinnerung, wie Charlie mich erwischt hatte, als ich meinen kleinen lilafarbenen Freund benutzte, während er früher von einem Angelausflug nach Hause kam.

"Okay, ich werde es dir sagen, aber das ist ein ´bis ins Grab Geheimnis´.", warnte ich sie über den Ernst der Lage.

Sie hob ihre Augenbrauen, bevor ein boshaftes Funkeln in ihren Augen aufblitzte.

"Gut, aber wenn das eine neue Vibrator Geschichte ist...", sie lachte.

"Fick dich, Rose, willst du es wissen oder nicht?", fauchte ich.

Sie hielt ihre Hände hoch, um ihre Niederlage zu demonstrieren und arrangierte ihr Gesicht, bevor sie auf eine ´Sorry, dass ich ein Miststück bin, aber rede weiter ´ Art nickte.

"Gestern traf ich einen von Alice´s Brüdern.", begann ich.

"Das ist kein Problem, ich kenne Emmett Cullen ziemlich gut." Sie zuckte, mich unterbrechend, mit den Schultern.

"Nicht Emmett, Rose. Ich traf Edward, ihren Zwillingsbruder ... warte, du kennst Emmett?", fragte ich wirklich überrascht.

"Ja.", murmelte sie auf ihre Fingernägel sehend und suchte nach nichtvorhandenen Splittern in der Politur. "Wie auch immer, also du hast Edward getroffen."

Sie winkte mir zu, deutete mir weiter zu machen.

"Ja.", sagte ich langsam. Ich würde später auf Emmett zurückkommen.

Und dann erzählte ich ihr alles und scheute keine Details: von, warum ich dort gewesen war; wie ich Edward traf; jede Bewegung, die er gemacht hatte; alles, was er gesagt hatte; alles, was ich gefühlt hatte; Alice´s Reaktion, als sie mich im Haus fand; ihre kleine Konfrontation, die ich mitbekam, als ich mich im Bad versteckt hatte; Alice´s Bitte, dass ich mich von ihm fernhalten sollte bis hin, wie ich ihr letztendlich eingestand, dass ich das nicht konnte.

Als ich mit dem Erzählen fertig war, sah Rose mich an, als hätte ich mir in jedes Nasenloch einen Tampon geschoben.

"Was zur Hölle, Bella?", sagte sie und schüttelte ihren Kopf.

"Was denn?", frage ich.

"Hmm, etwas an diesem Kerl hört sich ein bisschen abgefuckt an. Vielleicht solltest du auf seine SCHWESTER hören und dich, zur Hölle, von diesem Freak fernhalten.", antwortete sie verächtlich.

"Nein, Rose, du hast nicht zugehört. Er ist ...... ahhh, warum habe ich geglaubt, du würdest mich verstehen?" Ich verschränkte schnaufend meine Arme.

Sieht so aus, als müsstest du da alleine durch, Bella. Hurra, jetzt tut mein Kopf weh.

"Komm schon, Bella, er hat dich ´kleines Mädchen´ genannt, DAS ist verdammt gruselig! Ganz zu schweigen davon, dass Alice gesagt hat, dass er gefährlich ist!" Ihre Stimme ging in die Höhe und am Ende brüllte sie mich an.

"Sie hat ´manchmal´ gesagt!", schrie ich zurück.

"Ohh, bitte ver-fucking-gebe mir. Na, dann kannst du ja auf ein Date mit ihm gehen, wenn er seinen Nicht-Psycho-Tag hat!“, antwortete sie sarkastisch.

Ich war wütend, nicht wegen dem, was sie sagte, sondern weil ich wusste, dass sie Recht hatte und weil mir klar wurde, dass ich nicht auf sie hören würde.
Ich wollte ihn wiedersehen, ihn kennenlernen, denn vielleicht war er gar nicht böse, vielleicht wurde er einfach nur missverstanden.
Alice hatte gesagt, er war kompliziert, nicht verrückt.

Oh und die Wahnvorstellungen kommen nun auch noch!

Rose seufzte, fuhr sich mit der Hand durch ihr langes, blondes Haar und versuchte sich zu beruhigen. Sie atmete tief durch und ich tat das gleiche.

"Schau, Bella", sagte sie leise und nahm meine Hand, "Ich will nur nicht sehen, dass du verletzt wirst. Ich liebe dich. Ich bin mir nicht sicher, warum Alice will, dass du von ihm weg bleibst, vielleicht ist er wirklich gefährlich. Aber ich kenne dich und ich merke gerade jetzt, wie du eigensinnig dein Kinn vorschiebst, dass man mit dir so nicht argumentieren kann und ich bitte dich deswegen einfach nur darum, vorsichtig zu sein."

Ich nickte ihr leicht zu. Ich wusste, dass sie sich sorgte, genau wie Alice eben, aber ich würde das durchziehen. ´Die Schwärm- Phase´ hatte sich irgendwann im Laufe der letzten Nacht verabschiedet und ging geradewegs zur ungesunden Besessenheit über.

"Also", sagte ich und versuchte das Thema zu wechseln, "Emmett Cullen?"

"Was ist mit ihm?", fragte Rose. Plötzlich inspizierte sie wieder ihre Nägel.

"Es ist offensichtlich, dass du ihn magst, Rose." Ich schnaubte, bei ihrem erfolglosen Versuch, lässig zu sein.

"Was immer du sagst, Isabella." Sie sah mich unschuldig an.

"Warum fragst du ihn nicht nach einem Date? Du weißt, er wird ´ja´ sagen - kein Mann kann dem Charme von Miss Rosalie Hale widerstehen.", sagte ich und benutzte zum Ende hin einen falschen britischen Akzent.

"Er hat eine Freundin.", seufzte sie, ließ ein bisschen ihr Schultern hängen und zog eine unglückliche Miene. "Eine richtige Schlampe: Katherine Garrett."

"Pff, Rose, du bist die größte Schlampe, die ich kenne. Sicherlich kannst du etwas gegen die Freundin tun." Ich lachte, glücklich, dass sich das Gespräch von mir wegbewegte.

Ich verbrachte den Rest des Tages damit Hausaufgaben zu machen und versuchte nicht über Edward Cullen nachzudenken.

Ich scheiterte kläglich, in beiderlei Hinsicht.

~o~

Es war Dienstagmorgen: ein lange Woche nach meinem Gespräch mit Rose und acht endlose Tage, seit ich versehentlich Alice´s Zwillingsbruder getroffen hatte. Nicht, dass ich mitgezählt hätte. Alice wurde ... schwierig, gelinde gesagt, und teilte mir mit, dass sie sich weiterhin weigerte meine Vermittlerin zu sein.

Ich hatte nicht den Mut gefunden einfach zum Remsen Building zu spazieren und dort unschuldig herumzulungern. Ehrlich, was sollte ich auch sagen, wenn ich ihn sah?

"Oh, hi Edward, ich hab die ganze Woche an dich gedacht und dachte mir, es wäre eine gute Idee, dir wie ein großer Freak nachzuschleichen."

Ich denke nicht.

Seufzend rollte ich mich aus dem Bett und versuchte die Motivation zu finden heute in die Schule zu gehen.

Nach einer langer, heißen Dusche schaffte ich es aufzuwachen, auch wenn nur ein kleines bisschen. Ich suchte mir meine treuen Hüftjeans und ein weißes Baby Doll Shirt aus und zog es mir über. Als ich die Uhr überprüfte, fluchte ich, denn ich würde mich beeilen müssen.
Ich schnappte meine Sneakers, Jacke und Rucksack und schaffte es über meine eigenen Füße zu stolpern, bevor ich zur Tür hinausging.

Dann hetzte ich den Fußweg entlang, starrte auf meine Uhr, als wenn der Blick darauf die Zeit stillstehen ließ - als ich in jemanden hineinrannte. Ich prallte ab, als wäre ich eiskalt gegen eine Mauer gelaufen. Ich war gefährlich nah dran kräftig auf den Beton zu schlagen, als ein paar starke Hände mich an der Taille packten. Sie bewahrten mich davor in einem Anflug von Plumpheit eine schmerzhafte und womöglich blutige Show hinzulegen. Das war der Moment, als ich ein vertrautes, leises Glucksen hörte und mir brach sofort der kalte Scheiß aus.

"Alles in Ordnung?" fragte er, und half mir aufzustehen.

Ich sah zu ihm auf, zitterte ein wenig, bevor ich meine Augenbrauen verwirrt runzelte.

Er sah ... irgendwie anders aus.

Seine Klamotten waren anders. Er trug ausgeleierte, tiefhängende Jeans und einen dunkelblauen, langärmligen Pullover mit V-Ausschnitt, darunter ein weißes, am Kragen aufgeknöpftes, Hemd - die Enden hingen aus dem Pullover heraus. Er sah sehr ...Abercrombie & Fitch aus.

Seine Augen waren auch anders. Sie sahen wachsam aus, aber warm, nicht im Geringsten räuberisch oder beängstigend. Er war immer noch atemberaubend und ein Blick auf ihn ließ mich heftig einatmen, aber dieses Mal schrien meine Instinkte nicht Zeter und Mordio, wie sie es am ersten Tag gemacht hatten, als ich in traf.

Was zum Teufel?! Ich glaube, ich werde verrückt.
"Danke, Edward ... ähm, sorry deswegen.", sagte ich.

Sein schönes Gesicht wirkte kurz verwirrt, bevor eine unerkennbare Emotion durch seine Augen huschte und er mich dann schief anlächelte. Mein Herzschlag beschleunigte sich und ich konnte die verräterischen Anzeichen fühlen, die ein weiteres Erröten ankündigten.

"Kein Problem." Er biss sich kurz auf die Unterlippe. "Bella ... nicht wahr?"

"Ja.", antwortete ich lächelnd, glücklich, dass er sich an meinen Namen erinnerte, auch wenn er einen Moment darüber nachdenken musste.

"Nun, ich ... ähm, ich muss gehen, Bella.", sagte er schnell und verlagerte sein Gewicht von einen Fuß auf den anderen.

Ich öffnete meinen Mund, um zu sprechen, aber nichts kam heraus. Was würde ich sagen? Vielleicht lag Alice mit dem `Ich wusste, wenn er dich jemals sehen würde, dann wäre es das gewesen´ Ding falsch. Hatte er entschieden auf Alice zu hören und mich in Ruhe zu lassen?
Verdammt noch mal. Ich war seit Tagen von ihm besessen, während er mir wahrscheinlich keinen zweiten Gedanken geschenkt hatte - bis ich in ihn donnerte.

Warte ... was zur Hölle macht er auf dieser Seite des Campus?

"Ja, ich auch.", sagte ich, versuchte den Ton gleichgültig zu halten und scheiterte kläglich. Ich konnte den Schmerz in meiner Stimme hören.

"Es tut mir Leid, Bella, ich bin nur ... etwas spät dran. Ich wollte nicht unhöflich sein." Er seufzte und strich sich mit der Hand durch sein nicht zu bändigendes Haar.

Mein Gesicht wurde noch ein bisschen länger. Warum, zur Hölle, hatte ich gedacht, ich könnte diesem Kerl gefallen? Fuck.

Nicht weinen, Bella! Wage es nicht!

"Ähm..." Ich räusperte mich ein wenig, "Kein Problem, ich lasse dich dann mal gehen."

Er sah mir lange, mit einem fast schon zerrissenen Ausdruck, in die Augen, schloss sie und seufzte schwer, bevor er sie erneut öffnete, um mich noch einmal anzusehen. Schließlich hob er zögerlich eine Hand, umfasste mein Kinn und fuhr leicht mit seinem Daumen über meine Unterlippe, bevor er sie wieder fallen ließ.

"Bella", sagte er leise, "du solltest auf Alice hören." Er drehte sich um und ging weg.

Ich stand eine gefühlte Ewigkeit lang wie zu einer Statue eingefroren da, bevor Edwards Abschiedsworte anfingen in mein Bewusstsein zu dringen. Er wollte, dass ich auf Alice hörte. Er wollte, dass ich mich von ihm fern hielt. Nein! Ich schniefte ein wenig, versuchte die Tränen zurückzuhalten, die überzuschwappen drohten und sah auf meine Uhr. Ich war offiziell zu spät für meinen Unterricht. Mr. Banner, mein Englisch Professor, verschloss die Türen immer genau um 8.00 Uhr. Unpünktlichkeit war sein größtes Hauptärgernis.

Englisch war mein einziger Unterricht heute, also ging ich nach Hause...
kroch ins Bett…

und weinte.


Samstag, 4. Februar 2012

Chapter One – Forgetfulness, Coffee and Consequences




~ Bella Swan ~


"Es tut mir so, so leid, Bella." Alice entschuldigte sich zum hundertsten Mal, warum, ich hatte keine Ahnung.

Sie hatte ihre Kursunterlagen vergessen, also machten wir einen Boxenstopp bei ihr zu Hause, um sie für unsere Arbeitsgruppe zu holen. Ich war ratlos, warum das so eine große Sache sein sollte.

Ich kannte Alice seit über einem Jahr. Sie war meine beste Freundin und ich liebte sie wie eine Schwester. Ich meine, wer würde Alice nicht lieben, diesen hyperaktiven, kleinen Kobold? Sie war so liebenswürdig und verständnisvoll. Es machte Spaß mit ihr zusammen zu sein-meistens jedenfalls- ihre zehnstündigen Shoppingspektakel waren allerdings ziemlich ermüdend.
Alice war winzig, mit einem exquisiten, elfenhaften Gesicht, stacheligen schwarzen Haaren und den schönsten jadegrünen Augen, die ich je gesehen hatte. Am Anfang fühlte ich mich unwohl neben meiner lächerlich schönen Freundin zu sitzen. Ich war nicht unattraktiv, aber mein braunes Haar, meine braunen Augen und meine Pfirsichhaut waren nichts Besonderes. Ich war nicht außergewöhnlich, so wie Alice.


Als ich aus der peinlich kleinen und tristen Stadt Forks, Washington wegzog, um die Schule in Dartmouth zu besuchen, kannte ich nur eine Person - meine Mitbewohnerin Rosalie Hale.

Rose und ich waren uns seit der High School nahe und ich war froh nicht alleine anfangen zu müssen. In meinem ersten Monat hier traf ich dann Alice im Campus Café. Zu treffen hieß, dass ich in einem Anfall von typischer Bella- Tollpatschigkeit meinen Iced Frappuccino über ihren Mark Jacobs Rock verschüttet hatte. Aber Alice war tatsächlich in der Lage darüber zu lachen.

So nah wie ich Alice stand, war ich trotzdem noch nie bei ihr zu Hause gewesen. Die wenigen Male, die ich fragte, ob wir bei ihr daheim lernen konnten, wenn Rose ihren ´Freund´ Royce da hatte - und ich benutzte den Begriff ´Freund ´ nicht unbeschwert, der Kerl war ein Trottel - hatte Alice vorgeschlagen, dass wir uns stattdessen in der Bibliothek treffen sollten. Es hatte mich nicht wirklich gestört, aber ich fragte sie, warum nicht, weil es mir merkwürdig erschien. Sie sagte, dass sie mit ihren Brüdern zusammenlebte und sie eine Qual sein konnten, mehr wollte sie mir zu diesem Thema nicht verraten. Zu versuchen mit Alice zu Hause mit einer Horde Halbstarker zu lernen, war nicht meine Vorstellung von Spaß, also drängte ich bei diesem Thema nicht weiter.

Ich war aber schon ein bisschen neugierig. Alice sprach fast nonstop über Mode, Shopping, alte High School Freunde und ihren Freund Jasper, aber wenig über ihre Geschwister. Ich wusste, sie hatte zwei Brüder: Emmett und Edward.
Emmett war der Älteste, ein Linebacker im College- Footballteam und studierte Jura. Sie teilte mir mit, dass er laut und albern, aber lustig war. Edward war Alices Zwillingsbruder, Sänger und Gitarrist der Band Dirty Betty und studierte Medizin. Sie sagte, er sei der böse Zwilling.
Alice hatte das nicht weiter ausgeführt, das ließ mich glauben, er wäre ein Frauenheld oder ein Arsch, vielleicht auch beides.

Mit Ausnahme dieser kleinen Fakten wusste ich nichts über die Cullen Jungs, auch nicht nach einem Jahr der Freundschaft mit ihrer Schwester.

Was mich wirklich stutzig machte, war Alices Reaktion, als sie mit mir zu ihr nach Hause fuhr. Sie schien besorgt oder nervös oder ... ängstlich?

Hmmm, was ist hier los?

Bevor ich mich mehr meinen Gedanken hingeben konnte, bogen wir in eine ruhige Straße, welche wirklich nach Oberklasse aussah. Ja, das hatte ich erwartet. Ich wusste, Alice hatte Geld. Die Designer-Klamotten, die sie trug, waren ein Anzeichen, ihr schreiend gelber Porsche 911 war aber auf jeden Fall ein todsicherer Hinweis.

Wir fuhren bis zum Ende der Straße und bogen in die Einfahrt eines schönen viktorianischen Hauses. Es war weiß und hatte zweieinhalb Stockwerke mit einer großen umlaufenden Veranda, sowie einem wunderschönen Blumenbeet davor, und Buntglasfenster - es gab sogar einen verdammten weißen Lattenzaun! Ich dachte über die Tanten in Zauberhafte Schwestern nach, das Aussehen kam dem nahe.

"Verdammt, Alice, es ist unglaublich!" Ich starrte nur auf das Haus.

"Ja, das war das Haus unserer Großmutter. Sie hinterließ es Edward, als sie verschied. Wir zogen hierher, als wir alle beschlossen Dartmouth zu besuchen." Sie lächelte mich an, aber es sah aus, als ob sie sich dazu zwingen musste. Das war komisch. Alice musste NIEMALS ein Lächeln erzwingen.

"Bist du okay, Alice? Du scheinst ein bisschen ... nervös zu sein.", meinte ich stirnrunzelnd zu ihr.

"Mir geht es gut, Bella, nur..." Sie hielt inne und zog ihre perfekten Augenbrauen zusammen, "Bitte, bleib im Auto und ich bin gleich wieder da ... okay?"

"Klar Alice, ich werde hier bleiben." Ich zuckte mit den Schultern.

Sie nickte mir scharf zu und seufzte schwer, bevor sie aus dem Auto sprang. Sie verschwamm fast, als sie durch die Eingangspforte raste, sie hinter sich zuknallte und schnell ins Haus schlüpfte.

"Was zur Hölle?", murmelte ich vor mich hin.

Das war total verrückt. Ich hatte Alice sich noch nie so benehmen sehen; man würde denken, sie lebt mit Hannibal Lector oder wem auch immer zusammen.

"Vielleicht sind ja Leichen unter den Begonien begraben?" Ich kicherte vor mich hin.

Ich saß eine gefühlte Ewigkeit da und Alice kam nicht zurück. Ich wurde immer verzweifelter. Unglücklicherweise hatte ich vorher einen doppelten Latte getrunken, als wir den Coffeeshop auf dem Campus verließen und ich litt nun an den Konsequenzen. Ich wand mich in meinem Sitz, schlug die Beine übereinander und versuchte es anzuhalten.

Gott, ich mache jetzt eine sitzende Version des Ententanzes.

Ich beschloss, dass wenn Alices Ledersitze trocken bleiben sollten, ich keine andere Wahl hätte als reinzugehen. Ein Teil von mir war begeistert über diese Vorstellung und froh, dass ich meine fast explodierende Blase als Ausrede hatte. Ich stieg aus dem Wagen und schloss erleichtert die Tür, versuchte ruhig und gewieft zu sein. Vielleicht konnte ich rein- und rausgehen, ohne dass sie es bemerkte?

Ich ging langsam zu dem kleinen Gartentor, stieß es auf und achtete darauf, es nicht zuschlagen zu lassen.

Der Rasen und die Blumenbeete waren im Landhausstil gehalten, sehr großmütterlich, mit Kletterrosen, die sich ihren Weg nach oben bahnten, zu den Spindeln der riesigen Veranda. Gänseblümchen, gelber Hibiskus und die verblichenen Reste von Iris und Pfingstrosen füllten die Beete. Darunter war der klare Duft von Lavendel und verschiedenen Kräutern gemischt. Der Geruch war berauschend und ich fragte mich müßig, wer diesen charmanten kleinen Garten instand hielt.

Ich trat auf die Veranda und näherte mich der Haustür mit Vorsicht. Sollte ich klopfen? Ich beschloss einfach reinzugehen; vielleicht war Alice als einzige zu Hause. Ich hatte keine anderen Autos in der Einfahrt gesehen und mich reinzuschleichen, würde mir die Chance geben, mich ein wenig umzusehen, das hieß, bevor Alice mich anschreien würde, weil ich nicht im Auto geblieben war, wie sie es mir befohlen hatte. Ich drückte die Tür auf und trat in einen großen Flur.

Es war atemberaubend! Es gab eine riesige Kirschbaumtreppe auf der linken Seite und einen Korridor direkt vor mir, von dem ich vermutete, dass er in die gemeinsamen Räume von diesem Haus führte. Die Einrichtung war warm und einladend, mit schönen Gemälden und Landschaftsbildern geschmückt. Klassische taillenhohe Kirschvertäfelungen säumten die Wände, darüber waren sie in einem hübschen bäuerlichen Blau gestrichen.

"Es ist schwer zu glauben, dass hier zwei College Jungs leben.", murmelte ich und schaute mich um.

Es war keine Toilette zu sehen und ich beschloss, dass ich eine suchen musste, auch wenn es unhöflich schien, durch ein fremdes Haus zu schleichen.

"Alice?" rief ich zaghaft. "Alice ...Irgendjemand? ... Es tut mir leid, ich muss auf die Toilette ...Hallo?"

Schweigen. Nichts. Kein Mucks.

"Verdammt." Ich seufzte.

Ich dachte daran loszurennen und einfach in die Büsche zu pinkeln, als ich jemanden den Flur entlang gehen hörte - das Geräusch nackter Füße auf hartem Holz kam näher.

Als ich mich umdrehte, stoppten die Schritte abrupt. In dem Moment erblickte ich ihn keine eineinhalb Meter von mir entfernt. Starrend. Mein Atem stockte und ich wusste, dass ich in mindestens zehn Rottönen erstrahlte.

Er war das schönste Geschöpf, das ich je gesehen hatte! Groß, schlank und muskulös wie ein Fußballer - gekleidet in dunkle Röhrenjeans und einem engen schwarzen Sex Pistols T-Shirt. Er hatte einen blassen, aber perfekten Teint und wilde bronzefarbene Haare, die gegen seine helle Haut hervorstachen. Sein Gesicht war durchtrieben und kantig, mit einer vollkommen geraden Nase und vollen Lippen. Aber alle diese Dinge waren nichts gegen seine Augen, welche mich auf meinem Platz hielten - sie hatten ein erstaunliches Jadegrün. Ich hatte die Farbe bisher nur einmal gesehen, bei Alice. Das musste Edward sein, ihr Zwillingsbruder.

Gott helfe mir, verdammt.

Ein kleines Lächeln spielte um seine Lippen, als ich wie ein Reh im Scheinwerferlicht festgefroren dastand. Er hob eine Augenbraue, als ob er mich fragen wollte ´ Wer bist du und was zur Hölle machst du hier? ´ Bevor ich auf seine stumme Frage antworten konnte, sah er mich sehr offensichtlich und schamlos von oben bis unten an, entzückte mich mit seinen tiefgrünen Augen und biss sich auf die Unterlippe. Ich errötete stärker und sein Lächeln wurde noch breiter, bevor sich unsere Augen abermals trafen.

Sein nahezu raubtierhafter Blick, ließ mich auf zwei Arten reagieren.

Erstens: mein Innenleben wurde weich, mein ganzer Körper zitterte und ich begann heftig zu atmen, während mein Herz versuchte sich aus meiner Brust zu hämmern. Mir war plötzlich sehr warm in meiner rosafarbenen Bauernbluse und meiner Hüftjeans, was mich den Drang verspüren ließ, mir mit meiner zitternden Hand Luft zuzufächeln. Mir wurde auch die Wärme und Nässe bewusst, die zwischen meinen wackligen Beinen zunahm.

Zweitens: irgendwo tief in einer dunklen Ecke meines Gehirns schrie mich etwas an, dass ich lieber rennen sollte, denn aus irgendeinem Grund schlug ein uralter Instinkt um sich - Selbsterhaltung - und bettelte mich an zu fliehen. Etwas an diesem schönen Kerl war sehr, sehr nervenaufreibend.

Er beobachtete mich mit hungrigen Augen, bevor seine perfekten weißen Zähne aufblitzten und sein Lächeln breiter wurde, als ob er mir klar machen wollte, dass er genau merkte, wie ich innerlich kämpfte.

"Nein ... Bella!" Der Klang von Alices entsetztem Keuchen holte mich aus meiner Trance.

Ich drehte mich um und sah sie erstarrt oben an der Treppe stehen. Der Ausdruck von Schrecken und Angst stand ihr ins Gesicht geschrieben. Ich sah zurück zu Edward, um mich für mein Eindringen zu entschuldigen, aber er hatte sich Alice auch zugewandt. Ihre Jade- Blicke trafen sich und Alices Gesichtsausdruck veränderte sich. Ihre Lippen bildeten eine harte Linie, ihre Augen wurden Schlitze, die Nasenflügel bebten und sie schüttelte leicht ihren Kopf, als ob sie ´Nein´ sagen wollte oder so etwas. Er hielt ihren Blick für eine Sekunde fest, bevor das erstaunlichste, aber auch erschreckendste, sündhafteste Lächeln auf seinem perfekten Gesicht erschien.

Alice stockte der Atem und in ihrem Gesicht blitzte augenblicklich Entsetzen auf, bevor sie die Treppe runter lief und meinen Ellenbogen packte.

"Bella, wir sollten gehen!“, flüsterte sie verzweifelt in mein Ohr.

Ich schenkte ihr wirklich keine Aufmerksamkeit, weil Edward mich wieder ansah, den Kopf leicht schräg zur Seite gelegt und er mich schief anlächelte.

Er stolzierte auf mich zu, bewegte sich wie eine Dschungel-Katze und blieb nicht stehen, bis er so nah war, dass ich seinen himmlischen Duft riechen konnte - Honig und irgendetwas anderes, was ich nicht benennen konnte. Ich glotzte ihn in all seiner Herrlichkeit wie ein Idiot an: Mund leicht hängend geöffnet, die Augen aufgerissen.

"Hallo, ich bin ... Edward, Alices Bruder. Und du bist?", sagte er mit einer verführerischen, samtigen Stimme, die verursachte, dass mein Magen Saltos schlug. Er streckte mir seine Hand entgegen.

"B-Bella.“, stammelte ich und nahm seine Hand.

Er schüttelte sie und strich dabei die ganze Zeit zarte, träge Kreise mit dem Daumen auf die Oberseite. Gänsehaut rann über meinen Arm und flatterte weiter über meinen Körper.

"Wir wollten gerade gehen, nicht wahr, Bella.", sagte Alice mit einer festen Stimme und zerrte an meinem freien Arm. Es war eine Feststellung, keine Frage.

Weder ihr Kommentar, noch ihr tödlich stechender Blick schien Edward im Geringsten zu stören. Seine Augen schnellten für eine winzige Sekunde zu ihr und dann wieder zu mir zurück. Schließlich ließ er mich los und schob seine beiden Hände in seine vorderen Taschen.

"Also Bella, was machst du und Alice heute Abend so?" Er zog fragend eine Augenbraue hoch.

"L-le-lernen ... wir haben eine Arbeitsgruppe." Ich quiekte wie ein Idiot.

Du bist so ein Vollidiot, Bella! Christus, sprich!
Mein Verstand war Mus und ich wusste in dem Moment, als mein Name aus seinem Mund kam, dass meine erste lüsterne Reaktion über meine zweite ängstliche gesiegt hatte. Ich musste weg von ihm, so dass ich klar denken und vielleicht in ein schwarzes Loch ohne Boden, die Hölle, fallen konnte.

In der Hölle - auf Urlaub.

Während ich diesen atemberaubenden, aber auch etwas erschreckenden, Kerl ansah, wurde mir plötzlich klar, wieso ich in diesem Haus war. Wie konnte ich nur vergessen, dass ich am Zerplatzen war und unbedingt ein Badezimmer brauchte? Die Erinnerung an die Dringlichkeit meiner armen Blase schob sich in den Vordergrund meiner Gedanken und ich konnte keine Sekunde länger mehr warten.

"Ähm, Alice? Es tut mir leid, dass ich hier hereingeplatzt bin, aber ich muss wirklich euer Badezimmer benutzen.", sagte ich eilig und sah sie mit flehenden, entschuldigenden Augen an.

"Klar, Bella, nur den Flur runter, auf der linken Seite.", zeigte sie an Edward vorbei und ließ ihn nicht aus den Augen.

"Danke.", platzte ich heraus und streifte mir Alices Griff ab. Ich rannte beinahe zu dem kleinen versteckten Raum unter der Treppe. Schnell schloss ich die Tür und zerrte meine Jeans runter, pieselte mir fast dabei ein.

Ich wusch meine Hände in einem kleinen Waschbecken und sah mein Bild im Spiegel darüber an. Ich war noch errötet und sah ein wenig erhitzt aus. Wunderbar. Ich spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht, versuchte mich zu entschwitzen und mich ein wenig zu beruhigen.

Was ist los mit mir? Er ist nur ein Kerl - bekomm dich in den Griff, Bella. Ha! Ein außergewöhnlich gut aussehender Kerl. Dachte ich bei mir.

Er war so übermenschlich schön, dass es einschüchternd war, aber er hatte auch etwas an sich… etwas Beunruhigendes. Alice schien so entsetzt zu sein, als sie mich mit ihm im Flur fand. Warum? Ich meine, er war ihr Bruder, sie lebte mit ihm zusammen. Wenn er gefährlich wäre, würde er nicht in der Ivy League (AN: Liga im US-amerikanischen Hochschulsport) der Schule sein, nicht wahr?

Meine Neugier war mal wieder stärker und ich zog die Badezimmertür ein wenig auf, linste zu den Geschwistern, die immer noch im Flur standen.

Alice zischte ihn mit gedämpften, wütenden Geflüster an. Ihre Hände waren an den Seiten zu Fäusten geballt und sie zitterte von Kopf bis Fuß. Edward schien entspannt, die Arme lässig vor der Brust verschränkt und ein amüsierter Ausdruck spiegelte sich auf seinem exquisiten Gesicht.

Er schüttelte den Kopf, wegen etwas, was sie sagte, lächelte sie aber immer noch wie die Grinse-Katze an. Alice schien vor Wut zu explodieren, ruderte mit ihren Armen und ihre Stimme wurde immer lauter.

"Es ist mein ernst!" Alice schäumte. „Bleib weg von ihr. Ich lasse dich nicht ... "

Edward beugte sich hinunter und flüsterte etwas ins Alices Ohr, woraufhin sie sich versteifte.

Er lehnte sich zurück und grinste sie an.

Sie nahm einen tiefen Atemzug, als ob sie sich beruhigen wollte.

"Bitte.“, flüsterte sie so leise, dass ich es von ihren Lippen lesen musste.

Er lächelte sie an, zog aber eine Augenbraue hoch, als ob er auf eine Antwort warten würde. Einige Augenblicke später senkte Alice ihren Kopf in Niederlage und nickte schwach. Edward gluckste und wuschelte ihr spielerisch durch ihre stacheligen Haare.

Was zur Hölle war das denn gerade? War es wegen mir? Nein, das konnte nicht sein ... oder etwa doch?

Ich seufzte und entschied, dass ich mich nicht ewig im Badezimmer verstecken konnte. Ich schob die Tür auf, trat aus dem kleinen Raum und schloss sie laut hinter mir – kündigte damit meine bevorstehende Rückkehr an. Sie drehten sich beide bei dem Geräusch der schließenden Tür um und sahen mir zu, wie ich auf sie zukam.

Ich stellte mich neben Alice und schenkte ihr ein kleines Lächeln.

"Willst du los?", fragte ich, betete still, dass sie meine Lauschaktion nicht bemerkt hatten.

"Ja, wir sollten besser. Wenn wir zu spät sind, wird Jessica einen Anfall bekommen.", antwortete sie leise.

Ich wand mich an Edward, der mich immer noch aufmerksam beobachtete und errötete, wieder mal.

Verdammt noch mal. Ich hasse unwillkürliche Reaktionen!

"Es war schön dich kennenzulernen, Edward.", sagte ich mit einer Stimme, die sehr viel kleiner und gehauchter kam, als ich es beabsichtigte. Entzückend.

Er lächelte mich an, hob die Hand und schob mir eine Strähne meiner Haare hinters Ohr. Ein Schauer rann meine Wirbelsäule herab und meine Augen rollten fast in meinem Kopf zurück.

Gott, ich bin erbärmlich!

"Die Freude war ganz auf meiner Seite, kleines Mädchen.", antwortete er, und ließ seine Hand von meinen Haaren sinken.

"Wir müssen gehen, Bella.", unterbrach Alice eindringlich und schnappte sich wieder meinen Arm.

Ich nickte ihr zu, denn ich traute in diesem Moment meiner Stimme nicht. Sie begann mich in Richtung Tür zu schleifen, aber ich spähte über meine Schulter, um einen letzten Blick von Edwards Rückzug den Flur hinunter zu erhaschen.

Fuck, er ist Sex auf Beinen!

"Bis später, Bella.", rief er mir zu, ohne hinzusehen.

Ich schloss die Haustür hinter mir und nahm einen tiefen, zittrigen Atemzug. Alice blitzte mich an, die Arme vor ihrer Brust verschränkt.

"Sorry, Alice.", sagte ich leise und starrte auf meine Schuhe.

"Es ist nicht deine Schuld, Bella, es ist meine. Ich bin diejenige, die ihre Aufzeichnungen zu Hause vergessen hat. Ich bin diejenige, die ewig mit Jasper telefoniert hat und dich warten ließ. Shit." Sie seufzte laut und schüttelte ihren Kopf.

"Alice, was zur Hölle ist hier los? Na und, ich habe deinen Bruder getroffen, was ist das Problem?" Ich zuckte mit den Schultern.

"Bella", flüsterte Alice, "du musst mir versprechen dich von Edward fern zu halten."

"Was? Warum?", fragte ich ungläubig.

Sie nahm meine Hand und zog mich zu ihrem Auto. Ich würde sagen, dass sie versuchte ihre Gedanken zu ordnen und sie sich abmühte die richtigen Worte zu finden. Als wir beide im Auto saßen und Sicherheitsgurte angelegt hatten, begann sie wieder zu sprechen.

"Ich kann dir wirklich nicht alles erzählen, Bella. Edward ist kompliziert und ich halte dich aus gutem Grund von ihm fern.", flüsterte sie, hielt dann aber inne, um mich anzusehen.

Ich war mir sicher ziemlich geschockt auszusehen, denn sie schenkte mir ein humorloses, kleines Lachen, bevor sie fortfuhr.

"Ich wusste, du würdest ihm gefallen. Ich wusste, er würde dir gefallen. Ich kann das nicht zulassen, Bella - dir zuliebe. Ich liebe dich wie eine Schwester und ich konnte dich einfach nicht in seine Nähe lassen. Ich wusste, wenn er dich jemals sehen würde, dann wäre es um dich geschehen."

"Alice, ist er ... gefährlich?", fragte ich und erinnerte mich an meine zweite Reaktion auf ihn.

"Manchmal ... ja, er ist gefährlich." Sie runzelte ihre Stirn. "Versprich es mir, Bella."

Ich seufzte, ich konnte das nicht versprechen. Gefährlich oder nicht, ich wusste, dass ich mich zu ihm hingezogen fühlte. Er hatte mich in einer Weise angesprochen wie noch kein Mann jemals zuvor und alles, was er dafür getan hatte, war meine Hand zu schütteln und meine Haare zu berühren! Ich wusste, ich sollte auf Alice und meine Instinkte hören und mich einfach fernhalten. Aber ich wusste auch, dass ich es nicht schaffen würde. Ich hatte nicht vor, die intelligente Sache zu tun.

Ich wollte dumm sein, sehr dumm.

"Ich kann nicht.", flüsterte ich.

"Ich weiß.", antwortete sie und schloss ihre Augen für einen Moment. "Also, wir sollten nun los, bevor Jess einen Anfall bekommt."

Alice startete den Wagen und raste die Straße hinunter, ohne ein weiteres Wort.

Ich beobachtete die vorbeiziehende Landschaft aus dem Autofenster und fragte mich, wann ich Edward Cullen wiedersehen würde.