Danzig – Mother
I
Renee Dwyer
Es war ganz offensichtlich, dass dieses Gebäude eine Bank war. Ich blickte
kurz hoch zur Leuchtreklame, die über dem gewölbten Eingang hing, nur um
sicherzugehen, dass ich am richtigen Ort war.
Das war ich.
Eine Reihe von bunten Irokesen und Springerstiefeln schlängelten sich aus
der Tür, seitlich um das Gebäude herum und schließlich außer Sicht. Das war
nicht gerade die Art von Club in dem ich Bellas adretten Freund erwartet hätte,
aber das Mädchen, dem ich sein Bild an der Universität gezeigt hatte, schien sich
sicher gewesen zu sein.
Ich richtete meinen Rock, die Perücke und ging mit großen Schritten zur Tür.
Ich hatte nicht die Absicht, die halbe Nacht in der Reihe zu stehen. Der Türsteher
davor war ein großer Kerl mit übermäßigen Muskeln und hervortretenden Adern.
Er
sollte leicht zu überzeugen sein.
"Hi!" Ich lächelte und musterte ihn kurz. Nett. Er grinste zurück.
"Ich bin nicht sicher, ob ich richtig bin, aber mir wurde gesagt, dass
hier heute Abend eine Band namens „Dirty Betty“ spielen soll?“
"Ja, das tun sie." Er glotzte meine Brust an. "Sie machen nur
gerade eine Pause."
"Oh." Ich runzelte die Stirn und blickte kurz auf die lange
Schlange. "Ich wollte sie wirklich sehen und die Schlange ist so lang.
Kannst du mir da helfen?"
Er schien zu überlegen. Seine dicken Brauen wurden zu einen V und seine
dünnen Lippen spitzten sich mit einem Seufzen.
"Ich sollte die Leute eigentlich nicht aus der Reihe springen lassen,
Baby, nicht mal eine, die so verflucht sexy ist wie du."
Verdammt.
"Aber ich wollte ihren Sänger sehen,
unbedingt." Ich schmollte und zog meine beste Groupie-Nummer
ab. Dank eines recht talentierten plastischen Chirurgen und einer strengen
Fitness- und Diät-Führung hatte ich nie Probleme, in jugendliche Clubs zu
kommen; meist aufgrund der Tatsache, dass ich immer noch etwa aussah wie 25.
"Ich bin den ganzen Weg von Phoenix hier hergekommen, nur um sie spielen
zu sehen… und vielleicht… wenn es irgendwie möglich wäre, mit ihm zu reden."
Der Türsteher grinste. Bei seinem Blick musste ich mich ein bisschen
schütteln.
"Du bist also nicht von hier, ja?"
"Nein", gab ich zu.
"Und du weißt nichts über „Dirty Betty“, sondern kennst nur die Art der
Musik, die sie spielen?"
"Nein", antwortete ich einigermaßen ehrlich, meine Stirn runzelte
sich verwirrt.
"In diesem Fall…" Er trat beiseite und grinste anzüglich wie eine
Art verdorbener Perverser, "Geh rein, Baby. Sag der Schnecke an der Tür,
dass Felix dich als seinen ´Gefallen´ reingelassen hat."
Ich ging an ihm vorbei, glücklich, dass ich nicht stehen und warten musste,
aber ein bisschen unsicher, wegen seiner Reihe von Fragen. In was gerate ich
hier rein? Vielleicht hätte ich außer Phil noch jemanden sagen sollen, wo ich
hinging.
Gerade als ich den Club betrat, hörte ich zufällig, wie der Türsteher in
sein Handy sprach. "Frischfleisch. Du schuldest mir was, Mann!" Eine
Pause. "Ich weiß, ich weiß, aber sei nett, diese ist verdammt heiß."
Ein Schnauben. "Okay, so nett, wie du kannst."
Ein Seufzer. "Zum Teufel nochmal, Mann,
lass sie einfach ganz! Jemand anderes möchte vielleicht auch noch einen
Ritt!"
Ich war mir nicht ganz sicher, mit wem er sprach, aber der Ton in seiner
Stimme, als er diese Worte sagte, ließ mich ein wenig zittern. Doch es gab kein
Zurück mehr. Ich konnte nicht gehen. Ich
musste
den Plan durchziehen. Wenn ich es nicht tat, dann würde es weit schlimmere
Folgen haben, als alles, was ein grusliger Kerl in einer Punk Kneipe mit mir
anstellen könnte.
Ich fand das Mädchen, von dem er erzählt hatte, rechts neben der Tür. Sie
sah jung aus, ein bisschen jungenhaft, mit kurzen mausbraunen Haaren und scharfsinnigen
Gesichtszügen. Eine Lesbe, ohne Frage.
"Ähm, Felix meinte, ich soll dir sagen, dass er mich als ´Gefallen´
reingelassen hat?“, sagte ich ihr, und zeigte auf die Vorderseite des Gebäudes,
wo der Mucki-Mann, die Schlange beobachtend, stand.
Sie zog eine Augenbraue mit steinernem Gesicht hoch. "Einen Gefallen?
Für wen?"
"Ich ..." Ich hatte keine Ahnung. Ich nahm an, dass er denjenigen
gemeint hatte, den er auf dem Handy angerufen hatte, aber ich wusste nicht, wer
das sein könnte. „Ich bin mir nicht sicher. Er sagte es so, als ob du wüsstest,
wen er meinte."
"Ich bin kein Gedankenleser. Wenn du den Namen kennst, kann ich dich
rein lassen, wenn nicht ... verpiss dich."
Ich starrte sie wütend an, so eine Schlampe, aber ich musste cool bleiben,
sonst würde ich niemals in den verdammten Club kommen und erst recht nicht zu
Edward Cullen.
"Es tut mir leid, aber er hat es mir nicht gesagt." Ich schmollte
und klimperte sie mit meinen Wimpern an. Es konnte ja nicht schaden, oder?
"Wenn du willst, kann ich ihn fragen. Ist mir egal."
Sie grinste. "Ich will dich nur verarschen, Honey." Sie kicherte.
"Ich
weiß, wen er meint. Komm rein."
Seltsam. Jeder hier schien in einem seltsamen außerpunkischen Sumpf-Code zu
sprechen und es fing an, mir auf die Nerven zu gehen.
Das Innere des Clubs war ziemlich spektakulär, vor allem für einen Ort, der
mit dem Ursprung des Punk Rock prahlte. Ich hatte eine Art schmuddeliges Loch
erwartet, nicht eine gepflegte, zweistöckige Großartigkeit. Die Bar, die an der
linken Seite des Gebäudes war, umlief eine polierte Platte aus dunklem Holz und
Metall; die Wand dahinter war bedeckt mit offenen Regalen voller
Schnapsflaschen. Hier war es rammelvoll. Der Boden vor der Bühne sah aus, als
ob es nicht möglich wäre, einen weiteren Körper zu tragen. Die Bar war ähnlich
überfüllt mit Menschen, die trinken wollten.
Ich drehte mich zu der massiven Treppe zu meiner Linken und schlängelte mich
nach oben in die nächste Etage. Unten war es unmöglich etwas zu sehen oder auch
nur nach vorn in die Nähe der Band zu kommen. Außerdem wollte ich mich nicht
wirklich in das Schlachtgewühl der hüpfenden Horde stürzen, die mit Sicherheit
in dem Moment einsetzen würde, wenn „Dirty Betty“
zurück auf die Bühne kam.
Der zweite Stock war in Wirklichkeit überhaupt keine Etage, nur ein großer
Balkon, der die unterste Ebene umgab. Es befanden sich weniger Mensch hier
oben, so war ich in der Lage, einen Platz gleich am Geländer zu finden, und das
genau über der Bühne. Der günstige Aussichtspunkt war mehr als spektakulär.
Wenn die Band herauskam, würde ich im Stande sein, alles mit Leichtigkeit zu
überblicken. Glücklicherweise dauerte es nicht lange, bis es so weit war.
Da war ein Kerl mit einem kurzen, blonden Iro in engen Jeans und einem
zerfledderten, abgenutzten Ramones T-Shirt. Er ging zum Schlagzeug, setzte sich
und trat mit einem schnellen thump, thump, thump auf das Fußteil. Ein anderer
Blonder, sehr ähnlich angezogen, aber mit mehr surferähnlichen Haaren,
zurückgebunden in einen kurzen Pferdeschwanz, hob den Bass. Ein großer Kerl mit
rasiertem Kopf schnappte sich die Gitarre vom Ständer.
Ich konnte sehen, warum „Dirty Betty“ so beliebt und warum der Club halbvoll
mit tollwütig aussehenden Frauen war. Die Bandmitglieder waren
zum Totumfallen sexy.
Sie fingen an, das Intro eines mir seltsam bekannten Liedes aufzuführen,
aber ich konnte es nicht einordnen. Die Masse schien sicher zu wissen, was es
war, weil sie in dem Moment völlig verrücktspielten,
als die ersten Akkorde raus waren. Ich sah
Bellas Freund nicht. Er war nicht mit dem Rest der Bandmitglieder herausgekommen.
Erst mitten im Intro spazierte er auf die Bühne -
unter dem ohrenbetäubenden Lärm der Menge,
eine Zigarette zwischen seinen vollen Lippen und eine halbleere Flasche Jack
Daniels in seiner Hand.
Ich umklammerte mit einem erstickten Stöhnen und mit weißen Knöcheln das
Geländer, denn ein Lustkick schoss durch mich wie ein Blitz bei Gewitter.
Er sah nicht aus wie auf dem Bild. Sicher, es war der gleiche Kerl mit den
gleichen strahlend grünen Augen und den Fick-mich-gutem-Aussehen, aber er war
nicht der adrette Popper-Typ, den ich erwartet hatte. Er trug superenge
schwarze Jeans, rote baumelnde Hosenträger, kniehohe Doc Martins und war ohne
Shirt. Eine Reihe von bunten Tätowierungen war auf festbemuskeltem Fleisch zu
sehen; einige sahen ziemlich neu aus. Seine Haare waren zu einem Iro gestylt
und nicht so wie eine dieser Imitationen, bei denen die Kerle die Haare einfach
nur alle zu einem Punkt zusammenkämmen. Die Seiten waren penibel rasiert und
der Iro selbst stand pfeilgerade, als ob er an seinem Platz festgeklebt war.
Seine Erscheinung war brutal und barbarisch ... und fast orgastisch anzusehen.
Ich stand nie wirklich auf Punks. Auch als ich noch jung war und Punk Rock der
letzte Schrei gewesen war, waren Sportler mehr nach meinem Geschmack. Aber wenn
dieser Kerl dagewesen wäre, als ich in Bellas Alter war, hätte ich an ihm wie
der Gestank an der Scheiße geklebt.
Ich hatte immer noch Probleme damit, diesen Song einzuordnen. Ich wusste, er
war gecovert und dass ich das Original schon gehört hatte. Die fehlende
Verbindung machte mich aus irgendeinem Grund fertig. Es war etwas, das Phil sehr
oft während unseres ersten Dates vor sich hingesungen hatte.
Ich war mir sicher.
Aber ich hatte keine Ahnung ... nicht bis er ans Mikrofon schlenderte, seine
Flasche Jack auf den nahegelegenen Lautsprecher stellte und in einem sehr
eindringlichen Ton anfing zu singen.
Die feinen Härchen auf meinen Armen stellten sich auf, und ich schauderte
trotz der milden Temperatur in der verrauchten Luft.
Mother
Tell your children not to walk my way
Tell your children not to hear my words
What they mean
What they say
Mother
Mother!
Can you keep them in the dark for life
Can you hide them from the waiting world
Oooohmother!
Father!
Gonna take your daughter out tonight,
Gonna show her my wooorld!
Oh father!
Not about to see your
light!
But if you wanna find Hell with me,
I can show you what it's like,
Till you're bleeding!
"Ach. Du. Meine. Scheiße!“
"Ich weiß!" Ein kleines Punk-Mädchen mit pinkem Haar brüllte neben
mir. "Er ist großartig, nicht wahr?"
"Ich ... großartig ist
nicht
das Wort", krächzte ich, als der Freund meiner Tochter auf der Bühne herumsprang.
Feste Muskeln wölbten sich und Schweiß flog. "Ich hab´ noch nie etwas Ähnliches
wie ihn gesehen."
"Yeah, aber er ist wie ein Tigerhai." Sie grinste und hob ihre gepiercten
Augenbrauen, als ob ich verstand, was sie meinte.
"Ein was?"
"Du weißt schon ... ein
Tigerhai", lachte sie. "Hübsch
aus der Ferne, aber er würde einem die Eingeweide aussaugen wie Spagetti, wenn
du zu ihm ins Wasser steigst."
Ich drehte mich stirnrunzelnd zurück zur Bühne. Was hatte sie damit gemeint?
War Edward Cullen ein Frauenheld? Ist es das, was sie sagen wollte? Sicherlich hatte
sie es nicht wörtlich gemeint. Er ging schließlich trotz all der Auswahl mit
Bella aus. Mit meiner einzigen Tochter, die der Inbegriff von schüchtern und
schwach war. Wenn er ein ´Hai´ war, wie das Mädchen sagte, hätte er sie zerkaut
und einen Monat später wieder ausgespuckt. Nein, sie musste gemeint haben, dass
er ein Frauenheld war, welchen ich definitiv in ihm auch erkennen konnte. Mädchen
mussten sich einfach wartend für ihn aufreihen, damit er sie ficken konnte…
nackt und bereits schlüpfrig vor Schmiere.
Dies könnte ich zu meinem Vorteil nutzen.
"Außerdem hat er eine Freundin", fuhr sie fort. "Eine
leichenblasse, dunkelhaarige Tussi namens Bellas."
"Ist sie heute Abend hier?“, fragte ich grinsend.
Das Mädchen sah nach unten in die Menge und fing an zu suchen.
"Ja", sie zeigte auf die Bar. Ich entdeckte Bella sofort.
"Schau, das Mädchen da rechts mit dem großen Kerl, der aussieht wie ein
Linebacker von den Dallas Cowboys?"
"Ja?"
"Das ist sie", kicherte sie. "Sie hat immer diesen Kerl bei
sich, wenn er auf der Bühne ist. Er ist ziemlich beschützerisch. Einer von den
Arschlöchern hat es an einem Abend gewagt, seine Hände auf sie zu legen, und
Masen hat ihm seinen Armen an drei Stellen gebrochen."
"Masen?" Nun war ich verwirrt.
"Ja." Sie nickte. "Der Kerl heißt Masen Cullen."
Möglicherweise hatte Phil Eric den falschen Cullen finden lassen. Einen Zwilling
vielleicht? Das könnte sein abweichendes Aussehen erklären. "Hat er einen
Zwillingsbruder, oder so was?"
"Uhh, nein, nicht dass ich wüsste." Sie hob eine Augenbraue.
"Warum?"
"Ich dachte nur, sein Name wäre Edward."
Sie lachte. "Ja, ich hab gehört, dass Leute ihn auch so nennen, aber
für die meisten hier ist er Masen ... oder Dämon. Die Besitzerin Jane spricht
die ganze Zeit von ihm als `Der Dämon`."
Ich drehte mich zurück zur Bühne, wo sich die Band
zu etwas ernsteren Hardcore Hillbilly
klingendem Punk Rock bewegte, komplett mit Stand Up Bass. (
http://www.tumblr.com/tagged/upright%20bass?before=19
) Max and Floyd´s ortsansässiger Dämon stand auf einem großen Lautsprecher,
stampfte mit einem Doc Martin den Takt der Musik und spuckte in die Menge. Das Publikum
wurde irre, und mehrere Leute hatten ihren Mund in dem Versuch geöffnet, die
fliegende Spucke aufzufangen. Ein Mädchen schrie und fing an, auf und ab zu
springen, als es ihr gelang. Ich beobachtete entgeistert die Szene, als er mit
einem Finger auf sie zeigte und das mit dem bösesten, lecker aussehensten
Grinsen, welches ich je gesehen hatte. Dann packte er seinen Schritt und leckte
seine Lippen in einer extrem anzüglichen Weise.
Sie fiel wie ein Stein um, ohnmächtig vor Begeisterung.
Es war kompletter und völliger Wahnsinn. Ich hatte nie etwas so Beklopptes
und doch so verdammt Erregendes zugleich gesehen. Noch hatte ich jemals einen
so jungen Kerl gesehen, der so eine kraftvolle Präsenz und Selbstdarstellung
verkörperte wie der Typ auf der Bühne. Wegen ihm verdrehte sich mein Innerstes
und er ließ auf köstlichste Art und Weise mein Geschlecht nass werden.
"Sein Spitzname passt zu ihm", sagte ich.
"Du hast
keine verfickte Ahnung." Das Mädchen schnaubte und
zog dann ein Gesicht, als ob sie besorgt um meine Sicherheit war. "Schau,
ich bin nicht sicher, was deine Absichten sind, aber ich würde mich von ihm fernhalten,
wenn ich du wäre. Sie nennen ihn aus gutem Grund ´Dämon´, weißt du. Er hat einen
...
Ruf. "
Niedlich. Sie war besorgt, dass ich von einem Frauenheld hereingelegt wurde.
Fast hätte ich gelacht.
"Ich habs kapiert." Ich zuckte mit den Schultern. "Er ist ein
Frauenheld."
"So etwas Ähnliches." Sie runzelte die Stirn und drehte sich zur
Bühne, um wieder der Band zuzuschauen. "Der Punkt ist, mit ihm ist nicht
zu spaßen. Du kannst nicht von hier sein, wenn du keine Ahnung hast, denn alle
Mädchen hier wissen es und
bleiben von
ihm weg, außer sie haben eine Art abartigen Todeswunsch."
Abartig? Das würde sehr interessant werden.
"Also ist er ein Perverser?" Ich grinste. "Wie, hat er eine
Art seltsamen Fetisch?
Sie lachte humorlos. "Ich würde es eher eine sexuelle Störung nennen,
aber perverser Fetisch trifft es auch… wenn du es so nennen willst."
"Also, was? Er macht einen auf anpinkeln oder so einen Scheiß?"
Ich zuckte wieder unbeirrt mit den Schultern. "Große Sache."
Sie hob amüsiert einen Mundwinkel. "Nicht, dass ich wüsste."
"Dann sag es mir!" brüllte ich und wurde ein wenig ungeduldig von
dem kryptischen Gerede. "Spuck’s einfach aus, wenn du so besorgt um das
Wohlbefinden der ´Neuen´ bist!"
Sie seufzte. "Alles, was ich weiß, ist, was ich gehört habe." Sie
lehnte sich zu mir. "Offensichtlich mag er es Mädchen festzubinden. Sie
auspeitschen, weißt du?"
Ich lachte. Wie bei einem echten, tief aus dem Bauch kommenden Lachen warf
ich meinen Kopf zurück vor Vergnügen. Ich konnte nicht anders. "Sexuelle
Dominanz ist keine ´schwere Störung´ du Dummerchen." Ich ging weg und winkte
verächtlich, als sie grölte, "Nein! Du hast alles falsch verstanden! Er
ist nicht irgendein Piss-mich-an-Dom! Er ist ein..."
Ich hörte nicht zu. Ich wollte näher ran, so dass ich ihn mit Bella
interagieren sehen konnte, wenn er von der Bühne kam. Aber etwas nagte an mir.
Ich wollte ihn riechen, ihn berühren, sehen, wie sein voller Mund sich auf
meinem vor Schweiß glitschigen Fleisch anfühlt. Ich wusste, dass das hier nicht
der richtige Ort dafür war. Ich war nur gekommen, um zu beobachten; aber wenn
sich die Gelegenheit bot, wäre es zu verlockend, als dass ich diese an mir
vorbeiziehen lassen könnte.
Ich machte mich auf den Weg die geschwungene Treppe hinunter, gefüllt mit
Punk Kids, die rauchten und ihre grellbunten Köpfe mit der Musik auf und ab
bewegten. Mit der Zeit schaffte ich es bis zur Bar, und parkte mich ein oder zwei
Meter von Bella entfernt. Ihr übergroßer Bodyguard und Felix, der Türsteher,
der sich ihnen angeschlossen hatte, war auch da. „Dirty Betty“ gaben ihren
letzten Song bekannt.
Perfektes Timing.
Ich bestellte einen Bourbon und wand mich etwas von Bella ab, so dass sie
mich nicht erkennen konnte. Nicht, dass sie überhaupt eine Chance hätte, mich
zu erkennen. Eines der ersten Dinge, die Phil getan hatte, als er beschlossen
hatte, dieser Besessenheit von ihr zu folgen, war, mich zu einem plastischen
Chirurgen zu schicken. Ich sah nicht mehr so aus, wie sie mich in Erinnerung
hatte, aber ich drehte mich trotzdem weg, vor allem, weil ich mich davon
abhalten wollte, sie anzustarren.
Sie sah so schön aus.
Die E-Gitarre schlug den letzten Song an, und die Menge wurde
buchstäblich irre. Ich dachte, sie
würden anfangen, die Wände hochzuklettern. Ich kannte den Song nicht. Aber in
dem Moment, als sie ersten Zeilen aus Masen Cullens Mund kamen, wusste ich,
warum sie sich in so eine tollwütige Raserei verloren.
Well, eyeballs for
breakfast.
Jack-off for lunch.
I'd like it better if you
hadda fuckin' cunt.
Let's fuck.
Oh-oh-oh, let's fuck.
Yeah, I'm made 'a rubber,
You're made 'a glue.
I wanna stick my fuckin' cock
inside of you.
I said, "Fuck!"
Come on, fuck.
Yeah, I'm the best fuckin' fuck in the
whole USA.
I can fuck you to death, I
can fuck you to stay.
I'm the best fuckin' fuck
in the whole god damn world!
Dog eat dog, boy eat girl.
I'm the Duke of fuckin'
Earl.
Let's fuck!
"Oh yeah!“, grölte Felix nach, und ließ mich auf meinem Stuhl zusammenzucken.
Ich saß mit dem Rücken zur Band, keuchte, errötete und wagte nicht, mich
umzudrehen und zuzusehen. Ich konnte mir nur vorstellen, was er auf der Bühne
tat, während er
sein Lied sang. Wenn
die Reaktion der Menge ein Hinweis war, würde ich verlieren, das war sicher. "Ich
will irgendeine
Möse ficken!"
Was für´n Trottel.
"
Wow, wie kommt es, das du
immer noch keine Freundin hast, Felix?", hörte ich Bella schnauben, ihre
sanfte Stimme troff vor Sarkasmus. "Aber mach dir keine Sorgen, Kumpel. Ich
bin sicher, die Ladies werden sich nach dieser trotteligen Entfaltung einfach
in einer Reihe aufstellen."
Ich schnaubte in meinen Drink.
"Heftig, har, har, Prinzessin. Du hast Glück, dass ich eine scheiß
Angst vor deinem Mann habe, oder ich würd´ dich über mein Knie werfen und
deinen kleinen Arsch verhauen."
Bella kicherte. "Versuchs doch mal, Felix the Cat."
"Hör auf, mich so zu nennen, Bella!“, schrie er wie ein vorpubertärer
Teen. Das Einzige, was in dieser Gleichung fehlte, war das beleidigte
Fußstampfen.
"Hör auf, jedes Mal zu kreischen wie ein kleines Mädchen, wenn ich das
tue und ich werde aufhören.", sang sie zurück.
"Komm schon, Bella." Der große Kerl lachte. "Du wirst seine
kleinen Kätzchen-Gefühle verletzten."
"Fickt euch ihr Zwei!“, schrie Felix, murmelnd und schob Leute aus
seinem Weg. "Verfickte psychoärschige Cullens und ihre Pets. Warum, zur
Hölle, schlage ich mich mit diesem Bullshit rum? Oh, ja richtig, ich hab keine
verdammte Wahl! Na gut, Scheiß-Jane und Scheiß-Aro auch!"
"Ich denke, er wird heulen." Der Linebacker lachte.
"Ich hoffe es so." Sie trank in einem Zug, was von ihrem Bier noch
übrig war. "Er ist ein
Arschloch."
Ich war schockiert und in voller Ehrfurcht vor meiner Tochter erstarrt. Die
Bella, die ich kannte, würde nie so frech und kaltschnäuzig sein, sogar zu
einem Arschloch. Sie war schon immer viel zu schüchtern, höflich und unsicher
für so was. Etwas hatte sich geändert;
sie
hatte sich geändert, und ich konnte dieses neugefundene Selbstvertrauen nur
ihrem Freund und seiner Familie zuschreiben. Sie waren die einzigen Unterschiede
in ihrem Leben. Ich verstand plötzlich, warum Phil so hartnäckig gewesen war,
hier herzukommen. Ich hatte immer angenommen, dass er so war, weil er die
Vorstellung nicht ertragen konnte, dass Bella mit einem anderen Sex hatte, und
das war sicher ein kleiner Teil davon. Aber jetzt wurde mir klar, dass Phil
wahrscheinlich genau davor Angst gehabt hatte, dass Bella eines Tages so werden
könnte, wie sie nun war. Nun war der Tag da. Der Tag, an dem sie so stark,
glücklich und zufrieden sein würde, dass sie vergessen konnte, was er ihr
angetan hatte, und was er ihr zweifellos immer noch antun wollte oder es
zumindest versuchte.
Ich seufzte und runzelte, mich elend fühlend, die Stirn.
Ich wollte nicht wieder ihr Leben zerstören, aber ich hatte keine Wahl.
Die Wahrheit war, tief unter der Lüge, die ich geworden war, um zu
überleben, hasste ich Bella nicht und ich machte sie nicht verantwortlich für
das, was mit Phil passiert war. Sie wegzuschicken, wie ich es getan hatte, war
das Einzige gewesen, was mir eingefallen war, um sie in Sicherheit zu wissen,
weil sie garantiert nie zu mir zurückkommen würde ... oder dem Monster in
meinem Bett. Ich hatte keine Ahnung, warum Phil das tat, was er getan hatte. Dass
er mich halb zu Tode prügeln und mich danach dazu zwingen würde, über meine
eigene Tochter die schrecklichsten Lügen zu erzählen. Er hatte sogar die Lüge
ausgebrütet, dass er mich für irgendein achtzehnjähriges Mädchen verlassen
hatte, um sicherzustellen, dass er aus dem Rampenlicht war, wodurch eine noch
größere Mitleidsparty für die arme, dumme Renee kreiert wurde.
Natürlich weigerte ich mich zuerst.
Bis er mir sagte, wenn ich nicht das tat, was er mir befahl, würde er nach
Forks fahren und Bella töten.
Ich musste es tun, weil ich wusste, zu was er fähig war. Er würde mein
kleines Mädchen töten, und ich konnte nicht zulassen, dass das passierte. Als
er von ihrem Freund erfuhr, indem er wie immer die Telefongespräche zwischen
mir und Charlie belauschte, wurde er völlig rasend. Er ließ mich sie an diesem
Tag anrufen und all diese schrecklichen Dinge sagen, während er daneben stand
und sicherstellte, dass ich ihr keinen Hinweis gab. Ich hatte nicht die Absicht,
hier herzukommen, um tatsächlich zu versuchen ihre Beziehung und
wieder ihr Leben zu zerstören.
Wieder
ihr Leben. Nicht,
bis Phil beschloss, dass ich es tun sollte. Was konnte ich tun? Wenn ich ihm
nicht gehorcht hätte, dann wäre er alleine gekommen und hätte mehr Schaden
angerichtet, als ich je im Stande gewesen wäre.
Auf diese Art würde sie zumindest leben.
Aber ich war kaum schuldlos bei all dem. Ich wusste das. Wenn die Zeit kam,
den Akt mit ihrem Freund durchzuziehen, würde ich es genießen. Ich würde den
Nervenkitzel der Jagd spüren und vor Aufregung zittern wie ein Junkie, der ich
zweifellos war, wenn er schließlich nachgab. Wenn das passierte, würde ich
nicht an meine arme Tochter denken oder an jemand anderen. Bei dieser
Gelegenheit würde ich nur an meine eigenen verdorbenen Bedürfnisse denken.
Sexsucht.
Mein Arzt nannte es eine Krankheit, aber für mich war es ein wütendes
Monster, nichts anderes als mein psychotischer Ehemann.
Ich hätte die ganze Nacht dasitzen und die Schuld und die Scham
runterschlucken können, aber ein plötzliches Protestgetöse der Menge zog mich
aus der widerlichen Verunreinigung. Ich drehte mich auf meinem Stuhl, um die
Band die Bühne verlassen zu sehen.
Das Mädchen mit den mausbraunen Haaren ging hinauf. Als Masen an ihr
vorbeiging, reichte er ihr das Mikro mit einem breiten Lächeln, sagte etwas zu
ihr, das ich von da, wo ich saß, nicht ausmachen konnte.
"Alles klar, alles klar!“, brüllte sie ins Mikro. "Beruhigt euch,
ihr geilen Schlampen! „Dirty Betty“ wird wieder am 23. des nächsten Monats
zurück sein! Haltet, verfickt nochmal, die Fresse, ehe ich euch mit dem
Schlauch abspritze!"
Die Menge brüllte vor Lachen.
"Wenn ihr mit der Band plaudern wollt - zeigt ihr eure Liebe –, dann,
so wurde mir gesagt, geht das in Ordnung."
Sie grinste, ein schelmisches Funkeln schien
hell in ihren dunklen, braunen Augen. "Aber nähert euch dem Sänger Masen
mit extremer Vorsicht, Ladies ... oder ihr findet euch schwingend an der Decke
in einem Fleischkasten irgendwo in Downtown."
Jemand johlte. Eine weitere schrie, "Hölle ja!"
Sie kicherte, zeigte auf diejenige, "Ich mein´s ernst, Jamie. Tu das
nicht noch einmal! Geh da nicht wieder hin, denn ich schick´ dir diesmal keine
`Genesungskarte´."
Masen warf seinen Kopf laut lachend zurück und machte sich auf zur Bar, wo
Bella, mit verschränkten Armen vor der Brust und Augen zu Schlitzen verengt,
stirnrunzelnd dastand.
"Scheiße, ich
hasse diesen
Song!", knurrte sie zu dem großen Kerl neben sich. "Er macht es nur,
um sie anzustacheln!"
"Komm schon, Bella", sagte er, spielerisch knuffte er sie mit
seinem Ellenbogen. "Es ist alles nur Spaß. Wir wissen, mit wem er am Ende
der Nacht nach Hause geht." Sein Grinsen verbreiterte sich. "Außerdem
könnte Masen „Twinkle, Twinkle Little Star“ singen, und sie würden dennoch über
ihn herfallen wie schwanzhungrige Huren."
"Stimmt, aber ich muss es nicht mögen, Em", grummelte sie angewidert.
"Ich hätte einfach zu Hause bei Mary Alice und Rosie bleiben sollen."
Er lachte. "Yeah ... das wird nie passieren, kleine Schwester. Er hätte
es nie zugelassen."
"Ich bin mir dessen bewusst." Sie drehte sich zu ihm um, um ihn
anzufunkeln. "Weil er mich dann nicht beobachten könnte, wie ich mich
winde."
Er zuckte die Achseln. "Du kennst ihn."
"Oh, das tue ich, Emmett. Ich kenn ihn ganz sicher."
In dem Moment schaffte Masen es zur Bar, er nahm Bella in seine Arme und
küsste sie, hart. Ihr Körper versteifte sich für zwei Sekunden vor Ärger, ehe
sie kapitulierend gegen ihn schmolz. Als er den Kuss abrach und sich zurückzog,
grinste er sie triumphierend an.
Bella kniff ihre Augen zusammen. "Ich nehme an, du denkst, alles ist
jetzt vergeben, ja?“, knurrte sie ...
dann
flippte sie aus, und
boxte ihm direkt
auf den Mund. Er stolperte einige Schritte zurück, Nasenlöcher vor Wut
aufgebläht und die Jadeaugen mörderisch. "Ich hab dich gebeten, diesen
beschissenen Song nicht zu singen, und du tust es trotzdem."
"Bella!“, brüllte der große Typ, Emmett, zog sie an seine Seite, als ob
er sie beschützen wollte. "Hast du deinen verdammten Verstand verloren?"
Er drehte sich zu Masen. "Sie .. Ich hab sie zu viel trinken lassen, Mann!
Sorry! Sie ist nicht sie selbst!"
"Geh mir aus dem Weg, Emmett", schrie Bella, und drückte ihn weg.
"Ich bin nicht betrunken! Ich bin sauer, weil mein Freund ein Arschloch
ist!"
Ich sah entsetzt mit offenem Mund zu; meine Augen schossen zwischen den
beiden hin und her. Jeder um sie herum tat das gleiche. Masen sagte nichts, er
stand nur einige Schritte von ihr entfernt da, vibrierte fast aus seiner Haut, mit
den Händen zu Fäusten geballt, vor Zorn knirschenden Zähnen, während ein
Rinnsal Blut aus seinem Mundwinkel lief.
Aber ... ganz plötzlich ging etwas Seltsames zwischen ihnen vor, dass ich
nicht ganz deuten konnte. Ein Mundwinkel von Bella zuckte. Wenn ich nicht so
genau hingesehen hätte, hätte ich es verpasst. Masen sah sie mit hochgezogener
Augenbraue an und gluckste, grüne Augen blendeten.
Es war komisch und absolut erschreckend. Er sah immer noch richtiggehend
angepisst aus, aber es war, als ob seine Energie und Konzentration sich von
blinder Wut fast zu so etwas wie Berechnung verschoben hätte. Ich hatte diesen
Blick schon bei Phil gesehen.
Er drehte sich zu Emmett. "Bin gleich wieder da. Ich muss weg von dieser
kleinen, verfickten
Göre, ehe ich sie
kaltmache!“
"Oh ... OH!" Emmett erfasste, was auch immer passiert war, mit
einem tiefen Schnauben. Mir fehlte das Wissen darüber, aber jeder um uns herum
sah genauso verwirrt aus. "Okay, Mann. Ich halt´ sie für dich hier."
Als Masen wegging und den Flur hinunterglitt, der zu den Klos führte, wollte
ich ihm und wollte ihm auch wieder nicht folgen. Ich wollte, weil die kranke
Kreatur, die in mir war, ihn trotz der Angst wollte. Und ich wollte nicht, weil
die
Angst da war. Die widersprüchlichen
Gefühle waren aber irrelevant. Ich musste ihm folgen, weil es das war, was mir
beigebracht wurde.
Schritt eins: lerne dein Opfer kennen!
Meine beste Möglichkeit, ihn und Bella zu trennen, bestand darin, ihn dazu
zu kriegen, dass er sie mit mir betrog, ihrer Mutter. Bei einem anderen Mädchen
könnte sie in der Lage sein zu vergeben, aber bei mir, ihrer Mutter und einer
Frau, die ihr nichts als Kummer gebracht hatte? Sie würde ihm nie verzeihen,
und ich könnte es ihr nicht verdenken. Aber um das zu erreichen, musste ich ihn
kennenlernen, mich mit ihm anfreunden und den besten Weg herausfinden, um ihn
in mein Bett zu ziehen. Ich kannte mich damit aus, weil Phil mich mit anderen
ahnungslosen Paaren hatte üben lassen. Monatelang, seit meinem Anruf, war es
das, was ich getan hatte: Männer verführen ... üben für das, was Phil ´Den
großen Tag´ nannte.
Dieser Tag.
Ich fand Masen auf dem Männerklo. Er wischte sich gerade vor dem Waschbecken
Blut von seinem Mund. Als ich die Tür öffnete, drehte er sich um, um zu sehen,
wer rein kam und hob seine Augenbrauen vor Überraschung bei der Erkenntnis, dass
es eine Frau war.
"Tut mir leid." Ich errötete. "Ich dachte, das wären die
Damentoiletten."
Er grinste. "Das arschgroße Schild an der Tür, das sagt
"Männer", war kein Hinweis für dich, ja?"
Lieber Gott, seine Stimme war wie schwitzender, brutaler Sex.
"Ich muss dran vorbeigesaust sein." Ich lachte nervös und fummelte
an meinem Handtaschengurt herum. Ihm so nah zu sein, ließ mich ein bisschen
benommen fühlen. Warum war das Klo so verdammt klein in einem Club von dieser
Größe? "Aber, äh, nun bin ich hier ... weil ich sagen will, ich hab ... ähm,
ich fand deine Show echt toll."
Weder die Nervosität noch das Erröten war gespielt. Dieser Kerl könnte
leicht unter meine Haut gehen, wenn ich ihn lassen würde. Der logische Teil
meines Hirns versuchte, mich daran zu erinnern, warum ich hier war, aber der
Rest von mir hörte nicht zu. Dieser war viel zu sehr in ein paar intensiven
jadegrünen Augen verloren.
"Yeah?" Er grinste, und es war eines der schönsten Dinge, die ich
je gesehen hatte. Ich fühlte einen Hauch Farbe das zweite Mal meine Apfelbacken
hochkriechen. "Ich freu´ mich, dass es dir gefallen hat. Wie ist dein
Name, Süße?"
"Amanda", log ich, mein Herz hämmerte in meiner Brust.
"Amanda Jane Watts."
"Nun, Amanda Jane Watts“ Er hob eine Hand, um meine zu schütteln.
"Ich bin Masen Edward Cullen."
Er schien ganz anders als einen Moment zuvor: ruhiger, weniger überwältigend
und um einiges ungefährlicher. Ich sah ängstlich zu ihm hoch und erkannte, dass
ich die ganze Zeit, in der ich mit ihm allein gewesen war, steif und vor allem
bereit dazu gewesen war wegzurennen.
"Versprochen, ich beiße nicht." Er lächelte freundlich, hielt
immer noch seine Hand ausgestreckt. "Du weißt, dass ich nur eine Rolle
spiele, oder? Du weißt schon, für die Show? Das war eine Show da draußen,
alles davon. Ich bin eigentlich ein
ziemlich netter Kerl, wenn ich das über mich selbst sagen kann."
Er erschien so aufrichtig, dass ich nicht anders konnte als zurückzulächeln.
"Versprochen?“, neckte ich und errötete wieder. "Du wirst mich
doch nicht fressen, oder so?"
"Nee." Er lachte. "Ich bin eher ein
Ich-schließ-dich-für-eine-Woche-in-meinen-Schlafzimmerschrank-ein-Typ."
Etwas blitzte in seinen Augen auf, als er den letzten Teil sagte, was mich
instinktiv einen Schritt zurückmachen ließ.
"Woah, woah." Er schnaubte und hielt seine Handflächen nach oben.
"Ich hab nur gescherzt, Süße. Du bist ja ein schreckhaftes, kleines Ding.
Ich werd´ dich nicht verletzen."
"Ich ... ich ..." Ich war verwirrt. Er schien gerade so harmlos
und nett, sogar besorgt. Aber da waren Stückchen von schwarzen Splittern knapp
unter der Oberfläche, dasselbe, was ich in seinen Augen sah, nachdem Bella ihn
geschlagen hatte.
"Schau, Amanda, ich werd´ einfach wieder zurück an die Bar gehen",
sagte er, die Brauen gerunzelt, die Lippen gespitzt. "Ich wollte dich
nicht aufregen. Es tut mir leid."
Ich wusste nicht, was ich denken sollte. Mein Verstand raste von der Anzahl
der möglichen Antworten und stolperte schließlich über das vorherige Dilemma
mit seinem Namen. Es war möglich, dass er die Wahrheit gesagt hatte, dass der
böse Punk Rock Gott, den ich auf der Bühne gesehen hatte, einfach nur eine Show
war und diese Masen-Rolle lediglich eine Schöpfung, um etwas Besonderes in die
Band zu bringen. Es war nicht ungewöhnlich in der Musikindustrie. Alice Cooper
war nicht böse, auch wenn er so wirkte, wenn er auf der Bühne stand. Ich hatte
ihn mal getroffen, als ich jünger gewesen war. Er war super klug, süß und eine
sanfte Seele. Nicht der lederbekleidete Teufel, den er darstellte. Es würde
auch erklären, warum er bei Bella war. Er musste eine freundliche und geduldige
Person sein, um sich mit all ihrem emotionalen Gepäck herumzuschlagen.
Es war auch sehr gut möglich, dass ich wegen meines Ehemannes Monster sah,
wo es keine gab.
"Warte!", platzte ich heraus, als er den Griff der Klotür packte.
Er stoppte und drehte sich mit hochgezogenen Augenbrauen zu mir um. "Tut
mir leid ... ich komm gerade aus der Großstadt, und es ist schwer, jemanden zu
vertrauen. Können wir nochmal von vorne anfangen?"
Er lächelte. "Klar."
"Hi, ich bin Amanda Jane Watts", sagte ich und streckte meine Hand
aus.
"Masen Cullen." Er hob eine Hand und legte sie in meine. Sie war
stark und warm und schwielig an den Fingerspitzen vom Gitarre spielen. Es gab
auch noch etwas anderes, einen Impuls oder Elektrizität. Es war das Seltsamste,
was ich je gefühlt hab, so als ob ich wieder klein wäre und mein Bruder Alex
mich herausforderte, meine Zunge an eine 9-Volt Batterie zu legen. Ich blickte
neugierig herunter zu unseren verschlungenen Händen, um zu sehen, was die
Ursache sein könnte, dann schnaubte ich.
"Warum hast du das Wort "Wagon" auf deine Knöchel tätowiert?"
Er lachte und zog seine Hand weg. Er machte zwei Fäuste und hielt sie
nebeneinander für mich hoch, um die Worte kenntlich zu
machen.
Als sie zusammen waren, las man auf den zehn Knöcheln "Agony
Wagon".
Es war eine seltsame Sache, sich dies auf die Finger tätowiert zu lassen.
Ich hab eine Menge verschiedener Knöchel-Tattoos in meiner Zeit gesehen.
Meistens Worte wie ´Hass´, ´Liebe´ oder beides, aber nie etwas wie das; und schon
gar nicht auf allen fünf Knöcheln einer Hand.
Es war eigenartig. Irgendwie wie er.
"Warum würdest du wollen, dass deine Hände so was aussagen?"
Ich hatte keine Zeit, um etwas zu tun oder auch nur zu schreien. Er zog eine
stahlharte Faust zurück und schlug mir direkt ins Gesicht. Lichter platzten wie
funkelnde Sterne in meinem Sichtfeld auf und der Raum wirbelte herum, ehe ich mit
dem schmutzigen Kloboden kollidierte. Blut lief aus meinem offenen Mund auf den
Beton unter mir und bildete eine blutrote geronnene Lache mit abgebrochenen
Zähnen.
"Du hättest auf deine Instinkte hören sollen und rennen, als du die
Chance hattest!" Er lachte, als das Schloss des Klos an seinen Platz
klickte.
Pures Entsetzen schoss durch mich hindurch. Ich kroch über den Boden, hinterließ
eine Blutspur hinter mir. Mein Hirn war auf Autopilot geschaltet und zwang mich
zur Flucht. Aber es gab kein Entkommen. Der Raum war fensterlos mit einem
Monster zwischen mir und dem einzigen Ausweg. Aber ich bewegte mich dennoch;
das Einzige, das ich tun konnte.
"Wohin willst du, Schatz?" Er kicherte, platzierte einen schweren
Stiefel in der Mitte meines Rückens und zwang mich drückend zu einem zitternden
Stoppen. "Das ist nicht das, was du im Sinn hattest?"
"Bitte." Ich spuckte Blut, meine Stimme brach. "Lass mich
einfach gehen."
Er sagte nichts. Stattdessen packte er mich an den Handgelenken und fing an,
sie hinter meinen Rücken zu ziehen. Ich kämpfte höllisch. Ich tat es wirklich.
Ich versuchte ... aber dann fing er an, mich zu treten. Die Luft rauschte aus
meinen Lungen, und ich hörte meine Rippen unter seinen Stiefeln brechen. Mein
Körper rollte sich instinktiv zu einer schützenden Kugel zusammen, mein Kopf
erfüllt von nichts außer einem weißen Rauschen. Wenn Phil anfing, mich zu
schlagen, tat ich, was meine Mutter ´sich tot stellen´ nannte. Sie hatte
gesagt: Wenn du deinen ganzen Körper entspannst und deine Seele irgendwohin
lässt, wo es schön ist, dann ist das Schlagen nichts, weil es ohnehin immer so
sein wird. So, als würde man während eines Autounfalls auf dem Rücksitz
schlafen und dann ohne einen einzigen Kratzer aufwachen, obwohl die anderen
über die komplette Scheibe verschmiert sind.
Ich wurde schlaff, und er hörte lange genug auf mich zu treten, um meine
beiden Handgelenke zusammenzuziehen und sie hinter meinem Rücken zu fesseln.
Als er mich herumrollte und er sich breitbeinig auf meine Brust setzte, war ich
mir nicht sicher, was er vorhatte. Mein erster Gedanke war, als er meine Hände
zusammengebunden hatte, dass er beabsichtigte, mich zu vergewaltigen… aber
jetzt war ich mir nicht mehr so sicher.
"Gemütlich?“, fragte er und ruckelte auf meinem angebrochenen Brustkorb
hin und her. Ich biss auf meine Lippe, um mich vom Schreien abzuhalten und schaute
in blindem Schrecken hoch. Mir wurde plötzlich klar, dass er all seine Deckungen
und Masken abgeworfen hatte, und mich somit genau sehen ließ, was er war…Ich
hatte keine Worte für den Alptraum der auf mich herabgrinste. Es war
ekelerregend offensichtlich, dass er sogar auf der Bühne und auch als Bella ihn
schlug, immer noch einige Masken aufgehabt hatte.
Er grinste breit und böse. Es war wie in das wirkliche Auge der Hölle zu
starren. "Ich denke du und ich müssen ein wenig plaudern ...
Renee." Ich keuchte bei dem
gezischten Klang meines echten Namens, und er kicherte. "Hast du wirklich
geglaubt, ich wüsste nicht, wer du bist? Du kannst dein Gesicht verändern so
viel du willst, aber du kannst
nie
diese Augen loswerden." Er beugte sich nah zu mir und legte einen
Ellenbogen auf den Boden neben meinem pochenden Kopf. "Die gleichen
wunderschönen,
tiefen, schokobraunen
Augen wie die deiner Tochter."
"Wusstest du, dass Augen die Fenster zur Seele sind?“, raunte er. Leicht
strichen seine vollen Lippen über meine. "Man kann alles sehen, was eine
Person ist, wenn man nur richtig hinschaut. Also ich bin neugierig darauf ...
was siehst du in meinen, Renee?"
Ich blickte in seine intensiv gefärbten Augen und erschauderte.
Ich wusste, was ich in ihnen sah, aber ich konnte nicht sprechen.
"Ich habe dir eine Frage gestellt!“, blaffte er, und gab mir einen
scharfen Kopfstoß. Ich fühlte, wie mein Blut aus der frischen Wunde am Kopf
seitlich an meinem Gesicht herabtropfte. "Beantworte es oder ich werd´
diese hübschen, braunen Augen aus deinem Kopf holen und deinen Schädel
ficken!"
"Tod!" Ich würgte vor
Panik. Ich wusste mit jeder Faser meines Körpers, dass wenn ich ihm nicht
antwortete, er seine Drohung haargenau wahrmachen würde. "Ich sehe
Tod!"
Er richtete sich auf, starrte grinsend
auf mich herab und zog seine Faust zurück. Das Wort "Agony" war das
letzte, was ich sah, bevor alles aus ging….